some random thoughts

Kartonagenkapitalismus

Es ist manchmal komisch wie unsere Welt funktioniert, und oft bemerkt man Dinge erst, wenn man mit Abstand darüber nachdenkt. Wie zum Beispiel über Kartons im Supermarkt.

Vor ein paar Tagen war ich einkaufen. Als ich mich, in der Kassenschlange stehend, umblickte, fiel mein Blick auf einen Stapel Kartons mit dem Logo des Supermarkts. Vor diesen Kartons stand ein Schild auf dem sinngemäß etwas wie „Die umweltfreundliche Alternative für ihre Einkäufe – 1 €“ stand.
Ich dachte an die plastiktütenverseuchten Meere, Müllhalden in Indien sowie die Segnungen der Recyclingindustrie, und hielt diese Kartons für eine wirklich gute Idee. Hätte ich nicht nur eine paar Kekse und eine Flasche Wasser kaufen wollen, ich hätte wahrscheinlich zugeschlagen.
Auf dem Weg nach Hause dachte ich noch einmal darüber nach. Kartons und Einkaufen, da war doch etwas. Es fiel mir wieder ein;
Als ich Kind war und meine Mutter zum Einkaufen begleitete, war es meine Aufgabe, während meine Mutter den Einkauf bezahlte, zu dem extra Bereich für Kartons herüberzulaufen, die der Supermarkt seinen Kunden zum Verpacken der Einkäufe bereitstellte. Das hatte für diesen den netten Nebeneffekt, dass er selbst nicht für die Entsorgung zahlen musste.
Das Problem, das niemand bedacht hatte, vielleicht weil man in den frühen 90ern einfach noch nicht soweit war – niemand verdiente an dieser Regelung.

Als das dann irgendwann jemanden auffiel, hat man die Kartons beiseite geschafft, um den Umsatz mit Plastiktüten ein wenig anzukurbeln, was wohl auch gut geklappt hat.
Leider haben Plastiktüten, auch durch den Erfolg eben beschriebener Änderung, einen immer schlechter werdenden Ruf, und nicht wenige fordern gar ein komplettes Verbot.

Naiv könnte man vorschlagen, einfach die alten Karton-Ablageflächen wieder einzuführen, wäre da nicht das Problem mit dem ausbleibende Profit. Verkaufen kann man die Kartons aber auch nicht, die Leute wollen schließlich nichts für Müll bezahlen. Die Lösung ist einfach, man betreibt einfach das, was gemeinhin als Wertschöpfung bezeichnet wird. Der Supermarkt führt seine Kartonagen weiterhin dem Altpapier zu. Aus diesem, und ein ein paar frischen Holzfasern, wird unter Einsatz von nicht wenig Energie wiederum ein Karton hergestellt, der nun, mit dem Logo des Geschäfts versehen, wieder zurück an den Supermarkt geliefert wird.

Der Markt bietet nun dieses Produkt, inkl. des CO2-Fußabdrucks, für gutes Geld wieder an. Der Markt verkauft quasi seinen eigenen Müll, aber schön angemalt.

Die Kunden greifen gerne zu – die Umwelt schützen, das will ja schließlich jeder.

(Titelbild: „Boxed !“ von Craig Sunter -> Flickr)

2 Kommentare

  1. Paul

    Gut geschrieben, wahre Worte.

  2. Jan

    Das Problem: dank „Dualem System“ in Deutschland (gab es in den 90ern noch nicht) zahlt der Supermarkt tatsächlich dafür, wenn er dir die Kartons mit nach Hause gibt. Denn dann sind die eine Verpackung, die muss entsorgt werden. Für die Entsorgung zahlt aber der „Verursacher“ (sprich der Händler), indem er einen festen Betrag abgeben muss, der dann mit ganz viel Verwaltungsverlust irgendwann bei den Städten ankommt, die davon wiederum die Altpapiercontainer aufstellen.